Das Blatt bis zum Ende ausgereizt!

Etwas über 5 1/2 Monate waren wir Besitzer unseres kleinen Sorgenfalls, aber dennoch treuen Vans. Vor ungefähr 4 Monaten bekamen wir die Diagnose einer kaputten Zylinderkopfdichtung und nun hat die Quälerei "endlich" ein Ende...

 

Wir waren mit unseren Bonnern Freunden auf dem Weg nach Port Macquarie. In dieser Stadt hatten wir auf dem Hinweg in Richtung Norden sehr schöne Tage verbracht. Falls ihr euch erinnert, dort war es möglich an einem Parkplatz direkt am Meer zu schlafen. Auch ansonsten bietet die kleine Stadt über Einkaufsmöglichkeiten und einer sehr angenehmen Bibliothek mit W-Lan alles was ein Backpacker-Herz höher schlagen lässt. Die Vorfreude war groß... als wir den Highway verließen und an der ersten Ampel hielten schauten Marie und ich uns verdutzt an: unser Van zitterte und ruckelte und man hatte das Gefühl, dass er jede Sekunde ausgeht, was er dann auch tat. Wir hatten dieses Problem schon einmal; direkt nach ein paar Tagen als wir ihn gekauft hatten. Zu der Zeit war es draußen ziemlich abgekühlt und nass geworden und beim Anlassen brauchte er eine Menge Gas um anzugehen. Also führten wir es auch dieses Mal auf dieses Problem zurück und gaben Gas. An jeder Ampel schnell in den Leerlauf und Gas gegeben, damit er nicht ausgeht. Mit unserem Laienwissen kamen wir zu dem Zeitpunkt tatsächlich nicht auf die Idee, dass das mit unserem Motorproblem zusammenhängen könnte.

 

Also verbrachten wir ein paar schöne Tage am Meer und nahmen wieder einmal Abschied von unsere Freunden, da diese bereits nach Sydney wollten um ihr Auto zu verkaufen. Uns war dies etwas zu früh, da es in der Großstadt meist auch viel teurer ist. Also beschlossen wir noch zwei Abstecher zu machen: das Hunter Valley, ein wohl sehr schönes Weinanbaugebiet nordwestlich von Sydney und die Blue Mountains, das Gebirge, in dem wir unseren ersten echten Ausflug in Australien verbrachten.

 

Leider wurde aus diesen Plänen nichts, da es uns beiden klugen Köpfen nach mehrfachem Anlassen des Motors endlich in den Kopf kam, dass da etwas nicht stimmte...Wir machten uns am späten Samstagnachmittag (der perfekte Zeitpunkt oder auch nicht...) auf den Weg in die Stadt. Natürlich hatten sämtliche Mechaniker geschlossen. In einer Tankstelle vermutete der Wart, dass der Zylinder nun wohl beginnen würde Wasser zu ziehen, sich das Wasser mit Öl vermischt und der komplette Motorschaden nur eine Frage der Zeit wäre...

 

Die Entscheidung war schnell gefallen: Mit dem Auto geht es nicht nochmal auf den Highway. Wir wackelten (wortwörtlich) zur Bibliothek erstellen eine "Ad" im Internet und fuhren so schnell es ging wieder zurück an unseren Strand. Es stand fest, diesen Platz werden weder wir noch das Auto verlassen, bevor wir es verkauft haben.

 

Wir malten Schilder für den Van und am darauffolgenden Sonntag bekamen wir doch von einigen Interessenten Nachrichten oder wurden direkt angesprochen, da aufgrund des Wochentags und des Wetters der Strand völlig überfüllt war. Da wir schon damit rechneten, dass wir das Auto an einen Bastler oder Mechaniker verkaufen würden, der wenig mit unseren Camping-Sachen anfangen kann nutzen wir die Gelegenheit und veranstalteten eine Art Flohmarkt in und vor unserem Van. Ich weiß nicht ob die Leute, die Dinge wirklich brauchten, die sie kauften oder ob es doch nur das Mitleid mit zwei gestrandeten Backpackern war, aber wir nahmen durch den Verkauf von Kleinigkeiten beinahe 50 dollar ein und das stimmte uns schon wieder etwas positiver. Die Sonne war an dem Tag so warm, dass ich mich weitgehend in den Schatten verkroch... wenn ich gewusst hätte wie die nächsten Tage werden würden, hätte ich die Strahlen mehr genoßen...

 

Ein Interessent kam nicht, einer meldete sich gar nicht mehr und andere vertrösteten uns auf den nächsten Tag. Noch in der selben Nacht begann es zu regnen und dieser Zustand sollte sich bis heute (4 Tage später) nicht mehr ändern. Dies bedeutete wir waren in einem Auto am Strand, welches nicht fahrtüchtig war und es goss wie aus Eimern, sodass man nach jedem Toilettengang völlig durchgenässt war. Dazu sorgte unsere kaputte Tür für eine wunderbar angenehme Luftfeuchtigkeit ins unserem Van, sodass das Wasser von der Decke nur so auf uns herabtropfte. Mit anderen Worten: Wir hatten die Schnauze voll.

 

Am Montag bekamen wir nun endlich das Erste Angebot: 300 dollar... 800 hatten wir angesetzt. Also nahmen wir nicht direkt an und hofften mehr heraus holen zu können. Ein Blick ins Öl bestätigte, dass dieses mittlerweile milchig war und sich Wasser und Öl vermischt hatten. Ein weiterer Interessent schrieb per SMS ob es möglich wäre sich den Van anzusehen. Als ich antwortete, dass er kommen könnte wann er wolle, da es uns nicht möglich ist uns auch nur einen Zentimeter zu bewegen kam ein "LOL" zurück und er wollte in wenigen Stunden vorbei kommen. Marie und ich waren schon jetzt begeistert :D Bei jedem Auto was auf den Parkplatz fuhr wurden wir nervöser und endlich kam er. Das Fenster war beschlagen, aber schon von außen sah man eine bunt-gestrickte Wollmütze und Zigarettenrauch. Heraus trat ein sympathischer Mann, Ende 20, mit Vollbart und Brusthaaren, die auf seltsame Weise ein Ganzes bildeten.

Er inspizierte das Auto und ließ uns wissen, dass der Motor völlig hinüber sei und evtl. sogar schon ein Riss im Motorblock vorhanden ist. 800 Dollar wären in jedem Fall zu viel. Die Hälfte wäre angemessen. Wir sagten ihm, dass wir uns beraten würden und am nächsten Tag Bescheid geben...

 

Im Prinzip war die Entscheidung schon gefallen: der Kerl war nett, bot am meisten und würde den Van sofort kaufen und wir könnten ins Trockene. Der Verkauf fand am nächsten Morgen statt. Als er uns völlig durchgenässt den Van aufräumen sah, bat er uns unsere Sachen in sein Auto zu schmeißen und fuhr uns zu sich nach Hause, damit wir erstmal warm duschen könnten. Nachdem der Papierkram erledigt war fuhr er uns noch zum Verkehrsamt und in die Stadt zum Info-Center damit wir unseren Zug in Richtung Central Coast zu unserer Gastfamilie buchen konnten.

 

Die letzten Nächte waren sehr komisch. Marie und ich redeteten sehr viel über das Auto und die vergangene Zeit. Auch wenn es albern klingt undder Van uns viel Geld und Nerven gekostet hat, es war unser zu Hause und hat uns trotz seiner Krankheit etliche Kilometer durch Australien begleitet. Wir kamen sogar zu dem Entschluss, dass selbst wenn jemand mehr bieten würde uns aber nicht sympathisch ist UNSER AUTO nicht bekommen wird. Uns ging mittlerweile mehr darum unser zu Hause mit einem guten Gefühl zurückzulassen und dann war uns das Geld nicht mehr so wichtig...

 

Nun sind wir im trockenen Bett und wurden wie immer herzlich aufgenommen. Die 5 Stunden Zugfahrt gingen schnell herum. Aber viel wichtiger ist: Nachdem wir es geschafft hatten unsere zwei Rucksäcke mit unserem gesamten Hab und Gut beinahe zum Platzen zu bringen, können wir auf eine wunderschöne Zeit zurückblicken, die wir so schnell nicht vergessen werden. Das Auto hat uns überall dorthin gebracht, wo wir hin wollten und sich bis zum Ende tapfer geschlagen. Wir hatten Riesenglück, dass der Motor nicht schon auf dem Highway schlapp gemacht hat und wir evtl. Unmengen für das Abschleppen ausgeben mussten. Port Macquarie, war trotz des Regens der perfekte Ort, um fest zu sitzen.

Wir haben unser Blatt bis zum Ende ausgereizt, knapp verloren, aber fühlen uns wie die Gewinner...und das genügt!

 

Wir kommen auf kaum zu schlagene 8776km, die wir mit einer kaputten Zylinderkopfdichtung bei teilweise tropischen Temperaturen durch Australien zurücklegt haben! Ich schätze, dass wir in etwa um die 250 Liter Kühlwasser verdampft und verloren haben. Kein Spaß.. :)

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Kommentare: 1
  • #1

    Niklas (Mittwoch, 18 April 2012 02:28)

    So gehts!
    Das Auto wird hier tatsächlich zum Freund, und die Macken sind ja eigentlich auch nicht grundsätzlich schlecht, sondern zeigen nur, dass so ein Auto Charakter hat. Und davon hatte euer Van mit sicherheit ganz viel.
    Insofern: Rest in Peace (and as parts in other cars)